Der Text betont, dass eine effektive Therapie nur durch das Zusammenspiel von Embryologie, Physiologie und Anatomie möglich ist. In der osteopathischen Sichtweise werden alle Körpersysteme durch das mesodermale Gewebe miteinander verbunden. Der Therapeut arbeitet daher nicht isoliert an Strukturen, sondern betrachtet den Organismus als funktionelle Einheit, in der Gewebespannungen und Bewegungsstörungen immer systemische Auswirkungen haben.
Die embryologische Entwicklung des Darmes wird detailliert beschrieben: Der Urdarm entsteht zwischen der Membrana buccopharyngea und der Cloakenmembran und gliedert sich in Urvorderdarm, Urmitteldarm und Urenddarm. Diese Abschnitte unterscheiden sich in ihrer arteriellen und venösen Gefäßversorgung und entwickeln sich später zu funktionell verschiedenen Darmabschnitten. So entstehen aus dem Urvorderdarm unter anderem Magen, Leber, Gallenblase und obere Verdauungsorgane, während Urmittel- und Urenddarm die weiteren Abschnitte des Dünn- und Dickdarms formen.
Bennefeld betont, dass diese Aufteilung auch heute noch die funktionellen Eigenschaften des Verdauungssystems bestimmt: Der vordere Darmabschnitt dient der Aufnahme und Sammlung der Nahrung, der mittlere Abschnitt der Verdauung und Resorption, während der hintere Abschnitt hauptsächlich der Wasserresorption und Ausscheidung dient. Diese funktionelle Gliederung spiegelt sich auch in der venösen Entsorgung über die Pfortader wider, bei der unterschiedliche Leberlappen durch das Blut verschiedener Darmabschnitte versorgt werden.
Im Fazit fordert der Autor, die Embryologie als diagnostisches und therapeutisches Denkmodell in die manuelle und osteopathische Therapie einzubeziehen. Nur durch das Verständnis der gemeinsamen Entwicklung und Funktion von Organen, Gewebe und Gefäßen lassen sich Gewebespannungen, Dysfunktionen und systemische Wechselwirkungen sinnvoll behandeln.
