Ein Gelenk funktioniert nur dann frei und schmerzlos, wenn das Zusammenspiel von Gelenk, Bandapparat, Muskulatur und Nervensystem ungestört ist. Wird eines dieser Elemente überlastet oder verletzt, reagiert der Körper mit Kompensation, indem er geschädigte Strukturen entlastet und andere überbeansprucht. Diese Anpassung kann langfristig zu Bewegungsstörungen oder Blockierungen führen.
Am Beispiel des Wirbelbogengelenks wird dieses Konzept besonders deutlich. Das Gelenk steht in zwei Funktionskreisen: einem mechanischen und einem nervös-reflektorischen. Im mechanischen Funktionskreis bilden Wirbelbogengelenk, Bandscheibe, Bänder und Muskulatur eine funktionelle Einheit, deren Gleichgewicht durch Elastizität, Muskeltonus und statische Belastung bestimmt wird. Kommt es zu einer Störung, kann dies degenerative Veränderungen, muskuläre Dysbalancen oder statische Fehlhaltungen verursachen. Die auf Seite 2 abgebildete Schemadarstellung verdeutlicht die enge Wechselwirkung zwischen Gelenkmechanik, Muskelspannung und Gesamtstatik.
Der nervös-reflektorische Funktionskreis beschreibt die Verbindung des Wirbelbogengelenks zu Dermatomen, Myotomen, inneren Organen und dem zentralen Nervensystem. Über Rezeptoren in Gelenkkapseln, Bändern und Muskeln werden Spannungs- und Schmerzreize aufgenommen, im Rückenmark moduliert und gegebenenfalls als Schmerz oder vegetative Reaktion wahrgenommen. Dadurch können lokale Funktionsstörungen weitreichende Auswirkungen auf andere Körperregionen haben – beispielsweise auf Atmung, Kreislauf oder Verdauung.
Das Denkmodell betont, dass die manuelle Diagnostik nicht nur die mechanische Beweglichkeit eines Gelenks beurteilt, sondern auch die neurophysiologischen Reflexverbindungen berücksichtigt. Ziel der manuellen Therapie ist es daher, gestörte Bewegungssegmente zu erkennen und durch gezielte Mobilisation, Regulation und reflektorische Beeinflussung die physiologische Funktion wiederherzustellen.
