Ausgangspunkt ist der demografische Wandel: Mit steigender Lebenserwartung wächst auch die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen, während ursächliche pharmakologische Therapien bislang nicht erfolgreich sind. Daher rücken nichtmedikamentöse Präventionsstrategien wie Bewegung, Ernährung und soziale Aktivität in den Fokus.
Fischer beschreibt Tanzen als komplexe bewegungstherapeutische Aktivität, die körperliche, kognitive und soziale Komponenten miteinander verbindet. Regelmäßiges Tanzen fördert die Durchblutung des Gehirns, verbessert die Sauerstoffversorgung und aktiviert Neurotransmitter wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin, was das Wohlbefinden und die Konzentrationsfähigkeit steigert. Studien zeigen, dass Tanztraining nicht nur das Herz-Kreislauf-System stärkt, sondern auch zu einer Volumenzunahme im Hippocampus führt – einem Hirnareal, das zentral für Gedächtnis und Lernprozesse ist.
Besonders wirkungsvoll ist Tanzen, weil es gleichzeitig motorische, sensorische und kognitive Reize bietet. Die Kombination aus Bewegungskoordination, Rhythmusgefühl, Partnerarbeit und musikalischer Stimulation fördert die Neuroplastizität und wirkt damit dem altersbedingten Abbau geistiger Fähigkeiten entgegen. Eine Studie mit 26 Seniorinnen und Senioren zeigte, dass anspruchsvolles Tanztraining zu messbaren strukturellen Veränderungen im Gehirn führt und die Ausschüttung von Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) – einem Wachstumsfaktor für Nervenzellen – erhöht.
Neben den physiologischen Effekten betont Fischer auch die soziale Dimension: Tanzen reduziert Einsamkeit, stärkt soziale Kontakte und trägt zur psychischen Stabilität bei. Soziale Isolation gilt als erheblicher Risikofaktor für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz.
Zur Umsetzung präventiver Tanzangebote plädiert die Autorin für eine Integration von Bewegung und Tanz bereits im Kindesalter, etwa in Kindertagesstätten und Schulen, um langfristig gesundheitsfördernde Gewohnheiten zu etablieren. Auch für Erwachsene und Senioren empfiehlt sie Tanzkurse als Präventionsmaßnahme, die von Krankenkassen unterstützt werden sollten. Spezielle Angebote für Menschen mit Demenz, etwa Seniorentanz im Sitzen oder Programme mit Hilfsmitteln wie dem Tanzrollator, zeigen, dass Tanz auch im höheren Alter eine praktikable Therapieform bleibt.
Als Grenzen der Tanzprävention nennt Fischer Faktoren wie eingeschränkte Mobilität, fehlende Motivation, geringe finanzielle Mittel oder mangelnde Informationsangebote. Vor allem in ländlichen Regionen bestehen strukturelle Defizite, die den Zugang zu Präventionsangeboten erschweren.
In der Schlussbetrachtung fasst Fischer zusammen, dass Tanzen eine wissenschaftlich begründete, kosteneffiziente und ganzheitliche Präventionsmaßnahme ist, die körperliche, geistige und soziale Gesundheit fördert. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse fehlen bislang groß angelegte, randomisierte Langzeitstudien, die den präventiven Einfluss von Tanz eindeutig belegen. Die Autorin fordert daher mehr Forschung, öffentliche Aufklärung und eine flächendeckende Umsetzung von bewegungstherapeutischen Präventionsangeboten in allen Altersgruppen.
